Ob Herzinfarkt, Schlaganfall oder Unfall – jede Sekunde zählt. Was im Jahr 2009 in drei entlegenen Dörfern in Südtirol als Pilotprojekt gestartet wurde, ist mittlerweile aus dem Südtiroler Rettungsdienst nicht mehr wegzudenken: Die First Responder feiern in diesem Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum.
Die ersten First-Responder-Gruppen entstanden in Tall bei Schenna, St. Felix am Nonsberg und Steinegg im Dezember 2008. In enger Zusammenarbeit mit den Südtiroler Feuerwehren und der Landesnotrufzentrale wurde dieses Pilotprojekt des Weißen Kreuzes mit einer Dauer von drei Jahren angelegt. Das Projekt hat sich bewährt: Seit 2012 sind die First Responder fixer Bestandteil des Weißen Kreuzes. Heute sind diese Ersthelfer vor Ort in die Südtiroler Rettungskette voll integriert. Die zwei größten Zivilschutzorganisationen des Landes – die Feuerwehr und das Weiße Kreuz – zeigten mit dieser Einrichtung erneut, dass sie sehr gut zusammenarbeiten und ihre Synergien bestens nutzen.
Diese Ersthelfer können zum einen bei Patienten in Not in entlegenen Gebieten und Orten die lebensrettenden Sofortmaßnahmen durchführen und zum anderen die Zeit bis zum Eintreffen der Rettungskette der nächstgelegenen Weiß-Kreuz-Sektion überbrücken. Daher sind sie aus der Rettungskette nicht mehr wegzudenken.
Alle First Responder werden als Freiwillige beim Weißen Kreuz geführt und sind daher bei ihren Einsätzen über diesen Verein versichert. Diese Ersthelfer genießen auch die fundierte Ausbildung beim Weißen Kreuz. Die Ausstattung und die einheitliche Kleidung der First Responder wurde mit den Einnahmen des Weißen Kreuzes aus den 5 Promille finanziert.
Inzwischen sind in Südtiroler Dörfern rund um die Uhr vierzehn Gruppen aktiv, nämlich in Hafling, Laurein, Lüsen, Proveis, Radein, Steinegg, St. Felix, Tall, Vöran, Welsberg, Villnöß, Prags, Gsies und Welsberg/Taisten. Die letzten drei Gruppen sind in alleiniger Zusammenarbeit mit dem Weißen Kreuz entstanden und bestehen aus Freiwilligen des Weißen Kreuzes.
First Responder Steinegg: 248 Einsätze in zehn Jahren
Für die First Responder von Steinegg ist das zehnjährige Jubiläum ein guter Anlass, um auf die Anfänge zurückzublicken, Bilanz über die Einsätze zu ziehen und mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen. Gerade in den ersten Wochen und Monaten galt es für die Ersthelfer einige Hürden zu überwinden. „Wie wird die Bevölkerung das Projekt aufnehmen und welche Schwierigkeiten werden uns in der Praxis erwarten? Dies waren nur einige Fragen, die wir uns aufgrund fehlender Vergleichswerte stellten“, blickt der ehemalige Gruppenleiter Anton Amplatz zurück. „Trotz anfänglicher Skepsis konnten wir die Menschen jedoch mit viel Überzeugungsarbeit und vor allem durch unsere schnelle und kompetente Hilfe bald überzeugen“, so Amplatz, der sich anlässlich des Jubiläums beim damaligen Bezirksfeuerwehrpräsidenten Josef Mair und beim ehemaligen Bürgermeister Albin Kofler für ihre Unterstützung bedankt.
Die First Responder von Steinegg zählen derzeit 13 Mitglieder, zwei neue Ersthelfer beginnen demnächst mit ihrer Ausbildung. In den vergangenen zehn Jahren wurden die Steineggner First Responder zu insgesamt 248 Einsätzen gerufen. Ob Verkehrs-, Arbeits- oder Freizeitunfälle, Notfälle wie Schlaganfälle, Herzinfarkte, allergische Reaktionen, Kindernotfälle, Suchaktionen und Suizide – die Ersthelfer sind vor Ort, unabhängig davon, ob es um eine medizinische oder psychologische Betreuung von Verletzten und Angehörigen geht – 24 Stunden täglich, sieben Tage in der Woche. In den vergangenen zehn Jahren deckten die First Responder mit ihrem Notfalldienst nicht weniger als 3.700 Tage und 88.800 Stunden ab. „Das ist alles nicht selbstverständlich“, betont der heute verantwortliche Gruppenleiter Martin Mahlknecht, „zumal sich in der heutigen Zeit mit den vielen Freizeitangeboten und -möglichkeiten kaum jemand mehr zeitlich binden möchte“, so Mahlknecht. Er dankt daher allen 39 Mitgliedern seit der Gründung der Gruppe für ihren Einsatz.
Freiwillige Helfer sind immer gefragt
Außer der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen wie Polizei, Feuerwehr, Weißes Kreuz, Flug- und Bergrettung und Übungen stehen wie bei jedem anderen Verein die Gemeinschaft und die Freundschaft im Mittelpunkt. „Ob spannende Ausflüge, gemütliche Abendessen oder morgendliche Geburtstagsgrüße: von einem guten Gruppenklima profitieren in unserem Fall nicht nur die Mitglieder, sondern auch die Menschen in Notsituationen“, so Mahlknecht. Der Gruppenleiter lädt alle Steineggerinnen und Steinegger dazu ein, sich ein ehrenamtliches Engagement bei den First Respondern zu überlegen, „denn ohne Ersthelfer könnte es für so manchen unserer Mitbürger vielleicht auch einmal zu spät werden…“